Die Schmucktruhe einer Frau hat eine faszinierende Eigenschaft: Sie füllt sich über die Jahre hinweg fast von alleine. Doch Stile und Geschmäcker ändern sich, und darum fristet ein früher lieb gewonnenes Schmuckstück plötzlich ein tristes Dasein in der Dunkelheit der Schatulle. So erging es auch einer guten Freundin, welche mich eines Tages mit einer ansehnlichen Menge an Schmuckstücken besuchte und mich fragte, was sich daraus machen liesse.
Einfach einschmelzen?
Für viele Kundinnen erscheint die Situation klar: Einfach einschmelzen! Nun, so einfach ist das Ganze eben leider nicht. Denn sie erwarten ja nicht nur einen Klumpen eingeschmolzenes Edelmetall, sondern ein schönes neues Schmuckstück mit hoher Materialqualität.
In vielen Ländern werden Touristen in Silber- und Goldschmiedestätten geführt, wo mit einfachsten Mitteln und Techniken Edelmetalle unter teils fragwürdigen Bedingungen geschmolzen und gegossen werden. Das Resultat sind meist poröse, in ihrer Homogenität unsaubere Materialien.
Hier einige Impressionen aus einer Goldschmiede in Sri Lanka, welche wir auf unserer Hochzeitsreise besucht hatten:
Hierzulande erfolgt der Guss normalerweise unter Hochdruckvakuum. Damit lassen sich Poren verhindern und es entsteht ein homogenes Gefüge im edlen Metall. Dieses Hochdruckvakuum-Schmelzverfahren erfordert einiges an Technik und Erfahrung, darum greife ich hier auf die Dienstleistung spezialisierter Giessereien zurück. Dabei wird das von mir angelieferte Ausgangsmaterial vollständig und exklusiv für das eine Projekt verarbeitet. Die Kundin erhält so ihr Edelmetall in einer neuen Form wieder zurück.
Zum Einschmelzen benötigt man relativ viel Material. Denn nebst einem verarbeitungsbedingten Materialverlust müssten auch Gusseingüsse gesetzt werden. Ausserdem muss die Qualität des Ausgangsmaterials stimmen: Für ein einwandfreies Ergebnis empfiehlt es sich, nur hochwertige Legierungen und sortenreine Stücke zu verwenden. Das war hier zum Glück gegeben.
Ideenfindung
Meine Freundin hatte eine klare Vorstellung: Ein richtig dicker, fetter Ring aus Titan sollte es werden. Den Altschmuck haben wir aufgeteilt: Aus dem Rotgold-Anteil wollten wir den neuen Ring mit einem auffälligen Farbakzent ergänzen, die restlichen Edelmetallanteile wurden als Altgold angekauft und in Abzug gebracht. Zusätzlich fasste ich die zahlreichen Brillanten aus dem Altschmuck aus und verwendete sie im neuen Ring wieder.
Das Dünne muss über das Dicke
Der Ring aus massivem Titan sollte einen beweglichen Aussenring aus dem eingeschmolzenen Rotgold haben. So die Idee. Die Schwierigkeit war, dass der Rotgoldring über den breiten Rand gestülpt werden musste. Das war eine Herausforderung, welche viel Kraft und Sorgfalt erforderte.
Dieses wirklich aussergewöhnliche Schmuckstück hat nun eine stolze Trägerin. Der bewegliche Rotgold-Innenring weckt die Spielfreude und erinnert stets an die Materialherkunft… ihrer Schmuckschatulle.
Und zum Schluss noch ein Video, welche die Besonderheit des Rings zeigt: